Kollegium der Selsinger Oberschule freut sich über Unterstützung – Erstmals Fremdsprachenassistent aus Spanien vor Ort
Die Selsinger Oberschule freut sich über Unterstützung von außen. Derzeit sammeln gleich mehrere Nachwuchskräfte wertvolle Erfahrungen in der Bildungsstätte. Erstmals gehört ein Fremdsprachenassistent aus Spanien vorübergehend zum Kollegium, außerdem eine zwischen Studium und Referendariat stehende angehende Pädagogin als Vertretungslehrerin. Tom Warnke aus Ohrel absolviert derweil ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ).
„Es ist interessant, mal die andere Seite zu sehen“, sagt der 20-Jährige, der nun nicht mehr als Schüler agiert, sondern quasi als „Lehrer“. 2019 hatte er sein Abitur am St.-Viti-Gymnasium in Zeven gemacht, dann ein Jahr gejobbt, um reisen zu können. Doch Corona machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Also bewarb er sich fürs FSJ an der Heinrich-Behnken-Schule, das er mit Schuljahresbeginn im Sommer angetreten hat.
Es könne anstrengend sein, Klassen zu leiten. Manches sei schwierig zu überblicken, hat er festgestellt und daher inzwischen viel mehr Verständnis für den Blickwinkel der Pädagogen. Als Schüler denke man, es sei alles halb so schlimm für den Lehrer. Doch will er selbst Wissen vermitteln, merkt er plötzlich, wie hoch der Geräuschpegel ist. „Schüler testen ja auch, wie weit man gehen kann“, weiß der FSJ-ler. Da könne man sich schon mal hilflos fühlen, wenn man die Kontrolle verliert.
Tom Warnke unterstützt nicht nur Lehrkräfte im Unterricht, sondern betreut auch Schüler nach dem Unterricht in der sogenannten Lernzeit, wenn es zum Beispiel an die Hausaufgaben geht. Dass er möglicherweise Talent für den Lehrerberuf habe, das hätten ihm schon Pädagogen am Gymnasium mit auf den Weg gegeben. Und er habe wirklich darüber nachgedacht, diesen Berufsweg einzuschlagen. „Ich kann es mir nach wie vor vorstellen“, betont Tom Warnke.
Abschreckend wirke auf ihn jedoch das lange Studium mit anschließendem Referendariat. Es dauere sechs Jahre, bis man überhaupt eigenverantwortlich unterrichtet: „Der Weg zur Praxis ist sehr lang.“ Deshalb liebäugelt er jetzt mit einer Ausbildung zum Industriekaufmann, „wo man direkt in die Praxis kommen kann“. In der Oberschule habe er sich gut eingelebt, auch wenn das FSJ coronabedingt eingeschränkt sei und er gerne tiefer in den Sportunterricht hineinschnuppern möchte, was derzeit nicht möglich ist, weil der ja aktuell nicht stattfinden kann.
Den beruflichen Weg zur Pädagogin hat Lena-Marie Krauskopf aus Zeven bereits beschritten. Sie hat Geschichte und Englisch für den Unterricht an Gymnasien studiert, von Februar bis August ein Auslandssemester in den USA absolviert und wartet jetzt aufs Referendariat. Die Übergangszeit nutzt sie, um jetzt drei Monate bis Ende Januar als Vertretungslehrkraft in Selsingen Unterrichtserfahrung zu sammeln.
„Schüler testen Grenzen aus“
„Die Praxis fehlt im Studium“, bedauert sie. Doch das holt die 27- Jährige nun in Selsingen nach: „Es gefällt mir sehr gut.“ Endlich könne sie umsetzen, worauf sie jahrelang hingearbeitet habe. Hauptsächlich im Englischunterricht, aber auch in den Fächern Deutsch und Gesellschaftswissenschaften. Ebenso wie Tom Warnke hat sie festgestellt: „Die Schüler versuchen, Grenzen auszutesten.“ Der Unterricht an der Oberschule laufe anders als am leistungsorientierten Gymnasium. In Selsingen stehe mehr die Erziehungs- und Beziehungsarbeit im Vordergrund.
„Für die Schule ist sie eine große Unterstützung“, sagen Jessica Rademacher und Sabrina Michel aus dem Kollegium. Es sei viel wert, dass im Krankheitsfall eines Pädagogen der Unterricht dank der Vertretungskraft weiter stattfinden kann. Wenn Lena-Marie Krauskopf nicht selbst unterrichtet, unterstützt sie Kolleginnen und Kollegen als Doppelbesetzung.
Eine große Bereicherung ist auch der erste Fremdsprachenassistent aus Spanien, der in Selsingen unterrichtet. Seit Oktober ist er in der Oberschule. Bis Ende Mai 2021 möchte er als Muttersprachler Spanisch vermitteln. Mit der Option, eventuell zu verlängern. Spanisch gibt er in den 9. und 10. Klassen, darüber hinaus Englisch in Klasse 7 und Deutsch in Klasse 8.
Miguel Angel Martinez Gutierrez sorgt für Authentizität. Die Schüler können die Sprache tiefer erlernen. Der 23-Jährige hat Übersetzung und Dolmetschen in Malaga studiert, macht seinen Master in wissenschaftlicher Übersetzung. Über ein Auswahlprogramm ist der Andalusier nach Niedersachsen und hier nach Selsingen gekommen. Es ist nicht sein erster Deutschlandaufenthalt. „Ich wusste schon, was hier zu erwarten ist.“ Das gefalle ihm. Auch die Oberschule in Selsingen: „Sie ist klein, aber mir gefällt
die Schule sehr.“ Er arbeite gerne mit Schülern. Darüber hinaus sei das Kollegium sehr nett.
Muttersprachler im Vorteil
Was ihm aufgefallen ist: „Die Schüler haben Angst zu sprechen.“ Die Zurückhaltung möchte er ihnen nehmen. Mit dem Muttersprachler als Lehrer haben sie denn auch einen Vorteil, der motivierend wirken kann. „Er kann persönliche Erfahrungen einbringen, aus erster Hand berichten“, so Sabrina Michel und Jessica Rademacher. „Für die Schüler ist das eine große Bereicherung.“ Nebenbei lobt der Südeuropäer die guten Englischkenntnisse von Schülern in Deutschland. „Unglaublich“, findet er. Woran das liegt? Das könne er nicht sagen. „Vielleicht am Schulsystem.“